Bodenfraß

Österreich wird Europameister! Im Bodenverbrauch

Nirgendwo in Europa schreitet der sogenannte "Bodenfraß" so rasch voran wie in Österreich. Wir verbrauchen jeden Tag mehr als die Fläche aller elf Euro-2020-Spielfelder zusammen, nämlich knapp 13 Hektar. Raubbau auf unsere Kosten.WWF Bodenreport Baustelle für Logistiklager im Burgenland 2020 Christian Lendl

 

Foto: WWF / Christian Lendl

Unter Flächenverbrauch meint man Gemeint den dauerhaften Verlust biologisch produktiven Bodens durch unter anderem Verbauung und Versiegelung für Siedlungs-, Verkehrs- und Freizeitzwecke. Fast ein Fünftel der bewohnbaren oder landwirtschaftlich geeigneten Fläche Österreichs ist bereits verbaut. Aus Naturschutz-Sicht sind zudem nur mehr rund sieben Prozent der Landesfläche als „sehr naturnah“ einzustufen. Auch naturnahe Flächen müssen Einkaufszentren und einem überbordenden Immobilienmarkt weichen.

Wohnbauwahnsinn

Auf so einen Missstand machte uns auch tele-Leserin Gloria Thomas aufmerksam:

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„Ich lebe in Wien-Donaustadt und besonders auffällig ist hier die zunehmende Verbauung und Versiegelung. Wir sind noch ein relativ grüner Bezirk, allerdings fürchte ich, dass das nicht mehr lange so bleiben wird - es wird gebaut, wo es nur irgendwie möglich ist, zB entlang der großen Ausfallsstraßen wie etwa der Erzherzog-Karl-Straße, hier wird ein Wohnblock nach dem anderen hochgezogen, wo früher noch Felder und Gärtner waren. Und man macht auch vor dem inneren Kern der Donaustadt nicht halt - auch hier wird jede Wiese verbaut.“

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Ein Vorhaben, das besonderen Missmut erzeugt ist eine Fläche im Bezirksteil Stadlau, zwischen Hausgrundweg und Langobardenstraße. „Zwischen zwei Wohnbauten liegt eine große Wiese. Auf dieser befindet sich ca. in der Mitte ein Rodelhügel, den man erst vor wenigen Jahren für die Kinder errichtet hat, dieser wird gern und viel frequentiert. Der Hügel teilt die Wiese, auf der einen Seite befindet sich anschließend ein Fußballplatz, ein Spielplatz, und, durch eine kleine Strauchreihe getrennt, noch ein kleines freies Stück Wiese. Seitlich angrenzend liegt ein älterer Kindergarten. Dieser soll nun abgerissen werden und auf der größeren Freifläche der Wiese auf der anderen Seite des Hügels neu errichtet werden. Am bisherigen Standort des Kindergartens ist ein Gemeindebau geplant.“

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Und wieder ist eine Freifläche, die von Anrainern gerne genutzt wird, verloren. Und dies ist kein Einzelfall: „Auf einem riesigen Areal unweit des Hirschstettner Badeteichs (Berresgasse) wird gerade ein riesiges "neues Viertel" mit 3000 Wohnungen hochgezogen - davon sind jedoch lediglich 230 Gemneindewohnungen“, so Frau Gloria Thomas. „Oder rund um die Seestadt Aspern, bei der man geradezu ein Gustostückerl an Versiegelung zustande gebracht hat, gibt es noch jede Menge Brachen - die mit ziemlicher Sicherheit sowieso in den nächsten Jahren entlang der U 2 verbaut werden - warum stellt man nicht dort ein paar Gemeindebauten hin, mit einem großzügigen Grünkonzept?“

Mit diesen Fragen hat sich Gloria Thomas auch an Bürgermeister und ehemaligen Wohnbaustadtrat Ludwig gewandt, und „das übliche Schreiben mit dem ebenso üblichen Bla Bla erhalten - Grundtenor: Wien müsse Wohnungen bauen.“ Hier können Sie mehr zum Bauvorhaben lesen.

Dabei wäre es wichtig, nicht „ständig über die bereits bestehende Versiegelungen zu jammern und irgendwelche kosmetischen grünen Behübschungen vorzunehmen. Das ist der falsche Weg - richtiger wäre es, den Boden erst gar nicht zu versiegeln, also VORHER nachzudenken. solange es noch möglich ist.“

Dringender Handlungsbedarf

Und hier hat Österreich dringenden Handlungsbedarf, denn wir haben ein Problem. Nicht nur hier im „Detail“ in der Donaustadt.

Auch die Plattform wienschauen.at alarmiert:

"Hoher Flächenverbrauch durch Stadtstraße & co:
In und um Wien werden in den nächsten Jahren riesige Flächen für den Straßenbau herangezogen. Sind die Daten korrekt, dann nehmen Stadtstraße, Spange Aspern, Lobautunnel und S1-Ausbau so viel Fläche ein wie der ganze 1. Bezirk innerhalb der Ringstraße. 1,9. Mio. m² werden verbaut. Ganz Wien in den Grenzen vor ca. 1850.

Dabei sind die Nachfolgewirkungen noch gar nicht berücksichtigt: Durch den Straßenbau wird die Zersiedlung steigen, Unternehmen können sich leichter von der Stadt ins Umland verlagern und der Pendlerverkehr wird wohl zunehmen. Laut einer Studie der TU Wien soll der Autoverkehr in Wien in Summe steigen. Eine Entlastung werde nicht stattfinden"

Grafik Georg Scherer wienschauen.at

Grafik: Georg Scherer, wienschauen.at , hier veröffentlicht auf Facebook

 

Raumplanungsexperten und Umweltorganisationen mahnen seit Jahr und Tag zu flächensparendem Bauen.

„Die übertriebene Verbauung zerstört unsere Umwelt, beschleunigt die Klimakrise und belastet die Gesundheit der Menschen. Denn unsere Ernährung hängt genauso von gesunden Böden ab wie unser Zugang zu Trinkwasser und zu sauberer Luft. Besonders in den Städten ist Abkühlung im Sommer sehr wichtig.“ So mahnt der WWF in seinem „Boden-Report 2021“ und fordert einen „Bodenschutzgipfel“.

Boden für Alle

„Die Oberfläche der Erde ist endlich und Boden unser kostbarstes Gut. Ein sorgloser oder ein kapitalgetriebener Umgang mit dieser Ressource hat in den vergangenen Jahrzehnten Gestalt und Funktion unserer Städte und Dörfer massiv verändert. Angesichts der drohenden Klimakatastrophe und steigender Wohnungspreise stellt sich die Frage, ob der bisherige Weg mit maximalen Kompromissen und minimalen Anpassungen noch tragbar ist. Wo bleibt eine weitreichende und mutige Bodenpolitik?“ Dies fragt sich das Architekturzentrum Wien in seiner augenöffnenden Ausstellung „Boden für Alle“ (Noch bis 19.07.2021)

Anschaulich und konkret, kritisch und manchmal auch unfreiwillig absurd erläutert die Ausstellung die politischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Hintergründe. Wie wird Grünland zu Bauland? Wieso steigt der Preis für Grund und Boden? Was hat das alles mit unseren Lebensträumen zu tun?

Wir müssen den Bodenfraß dringend eindämmen, denn wir zerstören unsere Lebensgrundlage, unsere Ernährungssicherheit, unser Wohlbefinden und die ganze Welt.

 

Gloria Thomas, geboren 1963 in Wien, lebt mit ihrer Familie in der Donaustadt. Sie engagiert sich schon immer für ihr Grätzl, sammelte Unterschriften gegen die Schließung eines Nahversorgers bzw. für eine Aufrechterhaltung der Versorgung, oder den Erhalt des "Mistflohmarktes" in Stadlau. Sie ist außerdem Sängerin und Autorin: Nach langjähriger Tätigkeit in der öffentlichen Verwaltung ist “Verlorene Spuren” ihre erste Romanveröffentlichung.

 

Verlorene Spuren von Gloria Thomas

"Verlorene Spuren" von Gloria Thomas

Anna kommt nach Linz, um die Wohnung ihrer Mutter nach deren Tod zu räumen. Dabei findet sie in einem Geheimfach Briefe - Jahre alte Liebesbriefe eines offensichtlichen Geliebten ihrer Mutter. Um mehr über ihre Mutter zu erfahren, mit der sie zeitlebens ein zwiespältiges Verhältnis verbunden hat, beschließt sie, nach dem Geliebten zu suchen und deckt nach und nach ein Familiengeheimnis auf, welches die ganze Familie in einen Strudel der Ereignisse reißt.

April 2021

390 Seiten

€ 13,95,- (Taschenbuch), € 7,95,- (ePUB)

Hier erhältlich

 

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