Interview

Conrad Amber: eine Stimme für mehr Urwald für Österreich

Ein Gespräch mit dem Initiator der tele-Aktion „Mehr Urwald für Österreich“, dem Baumforscher Conrad Amber. Er rät uns: "Pflanze einen Baum, gib ihm einen Namen, sorge dafür, dass er Dich überlebt. Am besten jetzt!"  

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Conrad Amber, „die Stimme der Bäume“, ist ein Vorarlberger Naturfreund, Baumforscher, Fotograf, Vortragender, Autor, Visionär und Mitinitiator der tele-Aktion „Mehr Urwald für Österreich“. Er ist ein Forschergeist und dokumentiert, nimmt auf, untersucht und fotografiert.

Seine Bücher: „Bäume auf die Dächer, Wälder in die Städte“, „Baumwelten und ihre Geschichten“, „Was uns Bäume erzählen“, „Mythische Bäume“. Sein neuestes: „Bäume – Über die Wurzeln einer tiefen Verbindung“ (gemeinsam mit Andreas Hase). Voraussichtlich im Herbst erscheint „Schafft mehr Platz für Natur“ (Arbeitstitel). conradamber.com

Wie geht es dem heimischen Wald? Und wie dem weltweiten?

Zur Situation in Österreich: dem Naturwald und den Mischwäldern geht es gut, sie passen sich laufend an, manche Baumarten ändern sich. Den Aufforstungen der Mono-u. Reinkulturen, (Fichtenbestände) geht es je nach Region und Höhenlage mittel bis schlecht. Jährlich mehr Schadereignisse durch Sturm und Trockenheit, denen stets der Borkenkäfer folgt. Oft werden die Störflächen nach alten Forstmethoden abgeräumt und wieder aufgeforstet, was schon lange nicht mehr dem Wissensstand für zukunftsfähige Wälder entspricht. Die Klimaveränderungen wirken sich im Alpenbereich extremer aus, was zu noch mehr Waldsterben führt. Der Blick auf die Welt zeigt, dass sich überall die Klimaveränderungen massiv auswirken. Jedes Jahr steigt die Waldfläche, die durch Feuer vernichtet wird. Meist durch Menschen verursacht. Im Amazonasgebiet werden nach wie vor riesige Waldflächen gerodet. Und in etlichen Oststaaten wird der Holzhunger Europas mit zum Teil illegalen Fällungen geschützter Laubwälder gestillt. Trotz allem gibt es auch hoffnungsmachende Wiederbewaldungsprojekte in Afrika und China, wo Millionen von Bäumen auf verwüsteten Landstrichen angepflanzt werden, die in einigen Jahrzehnten intakte Wälder werden sollen, mit all ihren klimatisch wichtigen Funktionen.

Welchen Herausforderungen muss sich der Wald in der Klimakrise stellen? Was sind die größten Bedrohungen?

Wald funktioniert am besten, wenn er eine Alters-und Artenvielfalt besitzt. Denn damit können sich alle Ökosysteme unterstützen und ausgleichen. In Reinkulturen steht oft nur eine Baumart, die dort natürlich nicht wachsen würde. Der Forst wurde seinerzeit für die effektive Holznutzung angelegt. Solche Flächen sind besonders anfällig. Trockenheiten auch im Winter, Hitzewochen und Starkregen sowie die vermehrten Stürme setzen diesen kränkelnden Gehölzflächen besonders zu. Und wenn die Bäume ums Überleben kämpfen, haben ihre Gegner wie Schadinsekten, Pilze oder Flammen ein besonders leichtes Spiel.

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Wie helfen Bäume und Wald in der Klimakrise?

Unsere intakten Waldflächen sind die Grundvoraussetzung für sauberes Trinkwasser. Dort wird Regenwasser gespeichert und gereinigt. Der Wald ist mit seiner lebenden Biomasse und dem tiefgründigen Boden ein riesiger und notwendiger CO2-Speicher. Mit der Wasserverdunstung und der großen Schattenfläche kühlt der Wald im Sommer die Umgebungstemperaturen und gleicht diese in kalten Winterwochen aus. Mit der enormen Sauerstoffproduktion erzeugen die Waldflächen vom Feinstaub gefilterte, sauerstoffreiche Atemluft. Wer in der Nähe von Wald oder Bäumen lebt, lebt gesünder.

Welchen Vorteil hat ein naturnaher Wald zu einem bewirtschafteten?

Grundsätzlich kann die Natur selbständig und besser Wald aufbauen. Weil unser Holzhunger so groß ist, lassen wir ihr dazu oft nicht die nötige Zeit und ihre Freiheit. Ein naturnaher Wald (das kann auch ein bewirtschafteter Wald sein!) ist belastbarer und gesünder durch die Artenvielfalt aller lebenden Systeme. Das geht vom Baum bis zu den Pilzen im Waldboden. Ein nach alter Forstschule angepflanzter Monokulturwald oder Altersklassenwald (alle Bäume sind gleich alt) ist weit weg von den natürlichen Prozessen und deshalb bei Störungen und Unregelmäßigkeiten anfällig. Alle Wälder sollten rasch in standortbeheimatete Mischwälder umgewandelt werden, oder die Waldverantwortlichen sollten dafür sorgen, dass dies der Wald selbst macht. Natürlich sind die Baumarten und ihre Zusammenstellung im Süden anders als im Osten oder im Gebirge. Da gibt es keine Normlösung für alle Regionen.

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Haben wir in Österreich nicht genug Wald?

Wir gehören zu den waldreichsten Ländern Europas und je nach Zählmethode haben wir bis zur Hälfte der Landesfläche Wald. Allerdings werden Kahlschläge, Forststraßen-u.Lagerflächen (mancherorts bis zu 20% der Waldfläche), Störflächen usw. auch zur Waldfläche gezählt. Wenn wir also genau hinschauen, und diese und kränkelnde und absterbende Waldflächen abrechnen, schaut das Bild ganz anders aus. Wir können aus der bestehenden Waldfläche unseren Nutzholzbedarf nicht decken. Obwohl sich die Waldfläche – nach dieser Statistik – erhöht, braucht es noch Jahrzehnte, bis wir die dortigen Holzbestände ernten könnten, falls diese dann noch existieren. Also, nein, wir haben nicht genug Waldfläche für die Zukunft und deshalb wären wir gut beraten, aufgelassene Alpen, landwirtschaftliche Flächen usw. wieder zu bewalden, damit unsere Nachkommen tatsächlich genug intakten Wald haben.

Sie fordern ja „Bäume auf die Dächer – Wälder in die Stadt“, so der Titel eines Ihrer Bücher und sie verwirklichen das ja auch. In den Städten haben wir aber nicht viel Platz für Wald, hilft das der Klimakrise oder sind das „nur“ lokale Maßnahmen? Was bringen die?

Jeder einzelne Baum im urbanen Raum hilft und wirkt. Je mehr, umso besser. Das Natur-Trittsteinprinzip muss sich in den Städten etablieren. Das bedeutet: das Zusammenwirken von Einzelbäumen, Alleen, offenen Grünflächen, Grünfassaden und Gründächern in Sichtweite zu einander. Also einfach mehr Natur in die Stadt. Damit verändern wir tatsächlich das Quartiersklima und machen es lebensfreundlicher und gesünder. Platz für Bäume ist überall, man muss sie nur wollen.

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Conrad Amber ist Autor zahlreicher Bücher zum Thema Bäume und Wald

Bäume wachsen aber auch sehr langsam, haben wir so viel Zeit?

Wir haben keine andere Wahl. Je mehr Bäume wir haben, je größer die Waldflächen sind, desto höher sind die positiven Auswirkungen auf unser Leben. Luftqualität, Wasserqualität und der Ausgleich der hohen Temperaturen. Wir können das Wachstum der Bäume kaum beschleunigen, wohl aber können wir auf ihr Gedeihen und Altwerden einwirken. Je älter Bäume um uns werden können, umso besser für uns und unsere Kinder.

Sie sind ja die „Stimme der Bäume“, was sagen uns die Bäume durch Sie?

Wir sollten lernen, Bäume als Lebewesen zu betrachten und sie zu achten. Das ist in einzelnen Regionen Europas durchaus üblich. Für manche von uns sind Bäume oft nur Holz oder sogar lästig. Da versuche ich durch meine Vorträge und Bücher eine wertschätzende Haltung zu erzeugen.
Mein Rat: Pflanze einen Baum, gib ihm einen Namen, sorge dafür, dass er Dich überlebt.
Am besten jetzt!

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Mehr zu Conrad Amber, seinen Büchern, seiner Mission und zum Menschen: www.conradamber.com

 

Lesen Sie hier eine Klimakolumne von Conrad Amber

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